Erweiterte Austauschregeln bis Juli

Die Sorge war groß in den Apotheken Deutschlands, denn die als fachfremder Antrag gemeinsam mit dem UPD-Gesetz verlängerten “Erweiterten Abgaberegelungen” wurden bislang noch nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Was würde der Rückfall auf die alte Regelung für den Austausch nicht lieferbarer Medikamente bedeuten? Viele fragten sich, ob bald die nächste Retaxwelle über den Apotheken zusammenschlagen würde, und taten sich mit dem Vakuum schwer, das seit dem 8. April in diesem Bereich entstanden war. Eigentlich müssten nun wieder die praktisch schlecht umsetzbaren Vor-Pandemie-Regeln bei der Nichtverfügbarkeit in Kraft treten. Doch nun kam zum Glück die Entwarnung, denn der DAV und die der Spitzenverband der Krankenkassen haben eine Retaxpause vereinbart, bis die Verlängerung der Abgaberegeln im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden.

Diese Regeln gelten weiterhin

Ohne Absprache mit dem verordnenden Arzt dürft ihr von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes weiterhin abweichen, sofern dadurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:

  1. die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung definierten Messzahl,
  2. die Packungsanzahl,
  3. die Entnahme von Teilmengen aus Fertigarzneimittelpackungen, soweit die abzugebende Packungsgröße nicht lieferbar ist, und
  4. die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.

 

Die Krankenkassen dürfen euch dann nicht retaxieren, wenn ihr den Grund der Änderung auf dem Rezept vermerkt habt. Ist in der Apotheke weder das auf der Grundlage der Verordnung abzugebende, noch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorrätig oder lieferbar, dürft ihr weiterhin nach Rücksprache mit dem verordnenden Arzt ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel an den Versicherten abgeben. Die telefonische Rücksprache müsst ihr dann ebenfalls auf dem Rezept vermerken. Diese Regelung gilt auch dann, wenn zuvor vom Verordner ein “aut idem”-Kreuz gesetzt wurde.

Was wäre, wenn die Regelungen nicht verlängert worden wären?

Für den Fall, dass die Verlängerung der Verstetigung nicht stattfinden würde, treten wieder die alten Vor-Corona-Regeln in Kraft. In all den oben geschilderten Fällen wären den Apotheken die Hände gebunden, und sie müssten den Patienten zur Änderung des Rezeptes zurück in die Arztpraxis schicken. Eine eigenmächtige Änderung der Verordnung des verschreibenden Arztes wäre dann nicht statthaft und würde eine Vollretax nach sich führen. Das gilt auch dann, wenn der Arzt telefonisch sein “ok” durchgegeben hat. Für eine Änderung bedarf es dann wieder zwingend einen Stempel der Praxis und der Unterschrift des Arztes auf dem geänderten Rezept. Das wäre für alle Apothekenmitarbeiter, die Patienten und die Praxen selbst ein erheblicher Rückschritt. Eine wirklich zeitnahe Belieferung der benötigten Arzneimittel ist auf diese Weise nicht möglich.

Warum das Gesetz noch nicht in Kraft getreten ist

Offenbar gibt es bei der Ausfertigung des UPD-Gesetzes Probleme, daher wurde es bislang noch nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das bedeutet, dass die Apotheken nun eigentlich die Vor-Corona-Regelung wieder etablieren müssten, um sicher vor einer Retax zu sein. Die Auskunft des Bundesgesundheitsministeriums ist in diesem Zusammenhang, dass die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt demnächst erfolgen wird. Auch der DAV geht davon aus, dass es sich nur noch um wenige Tage handeln kann. Daher forderte das Bundesgesundheitsministerium die Krankenkassen dazu auf, die lückenlose Anwendung der Übergangsregelungen im SGB V trotz des verspäteten Inkrafttretens des UPD-Gesetzes zu akzeptieren und von Retaxationen abzusehen. Wie die Landesapothekerverbände inzwischen mitgeteilt haben, werden die Krankenkassen dieser Bitte auch glücklicherweise nachkommen. Hierauf haben sich der GKV-Spitzenverband und der DAV inzwischen verständigt. Das gilt bis zum 31.07.2023, danach soll eine feste Regelung diese Übergangsregelung ersetzen.

Was bleibt und was hat sich geändert

Ihr könnt bis dahin auch weiterhin die bekannten Sonder-PZN nutzen:

  • beim Abweichen von den Abgaberegelungen des Rahmenvertrages die PZN 02567024 mit Faktor 5 oder 6
    • bei der Abgabe einer Teilmenge aus einer Arzneimittelpackung die Sonder-Pharmazentralnummern: 06461127 und 06461133

Cave: die Sonderregelungen beim Entlassmanagement wurden nicht verlängert. Seit dem 8. April ist also wieder die Vor-Corona-Regelung in Kraft. Sie besagt, dass auf einem Entlassrezept nur die Arzneimittel - Packungsgröße N1 oder kleiner abgeben werden darf. Bei Verbandstoffen, Teststreifen, Medizinprodukten darf ein Bedarf von bis zu 7 Tagen abgeben werden.

Quellen:

Deutscher Bundestag - Unabhängige Patientenberatung Deutschland wird umstrukturiert

https://www.apotheker.de/ewo/gesetze-vertraege#

https://www.deutschesapothekenportal.de/rezept-retax/nachrichten/arzneimittel/detail/auslauf-der-sars-cov-2-amversvo-nach-dem-7-april-2023/