Lauterbach GKV

Ankündigung mit Hintergedanken?

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat verkündet, dass der Beitragssatz für die Krankenkassen im kommenden Jahr "erneut leicht steigen müssen", um das erwartete ca. 3,5- 7 Milliarden umfassende Defizit abzufangen. Er wolle keine Leistungskürzungen veranlassen, und dagegen lieber einen weiteren Zusatzbetrag auf die 14,6 Prozent des allgemeinen Beitragssatzes aufschlagen, der derzeit bei 1,6 Prozentpunkten liegt. Er habe hier leider keine Wahl, betont Lauterbach, denn der Koalitionsvertrag schließe eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der GKV, die dann auch die Versicherungspflichtgrenze anheben würde, aus. Ist es ein Zufall, dass er diese Nachricht etwa 24 Stunden vor dem geplanten Apotheken-Protesttag lanciert hat? Wohl eher nicht, denn mit solchen Nachrichten kann das Verständnis für die Apotheker:innen schwinden, das bislang aus der Bevölkerung kam.

Wie gleicht man das Defizit aus?

Wie kann es sein, dass derart große Lücken bei der Finanzierung unserer Gesundheit entstehen, und an welcher Stelle könnte man sie wieder stopfen? Lautet die Devise weniger Geld auszugeben, mehr einzunehmen, oder muss das Geld nur anders verteilt werden, damit es für die Gesundheit der Menschen genügt? Vorschläge gibt es viele: der Chef der IKK-Innovationskasse will bei zahnärztlichen Behandlungen, Zahnersatz und Homöopathie kürzen. Zahnarztbesuche sollten seiner Meinung nach komplett selbst übernommen werden, da man nur dann Probleme bekäme, wenn man seine Zähne nicht 2x täglich ordentlich putze. Auch für die Digitalisierung des Gesundheitswesens seien viele Gelder unnötig ausgegeben worden beklagen viele Seiten.

Die Bevölkerung steht hinter den Apotheken

Laut einer repräsentativen Umfrage des OTC-Herstellers Engelhard stehen etwa 77% der deutschen Bevölkerung hinter dem Protesttag am 14.06., an dem zahlreiche Apotheken geschlossen haben werden um für mehr Honorar, weniger Bürokratie und mehr Eigenverantwortung zu demonstrieren. Dass der Bundesgesundheitsminister genau einen Tag vor der Aktion mit einer solchen Nachricht an die Öffentlichkeit geht, ist daher wohl kein Zufall. Er möchte demonstrieren, dass das Geld im System ohnehin aufgebraucht ist, und für die Apotheken an dieser Stelle nicht mehr aufgebracht werden kann. Damit versucht er, die Luft aus den stichhaltigen Argumenten der Apotheken-Vertreter:innen zu nehmen, denn wo nichts ist, kann auch nichts erhöht werden. Der Bevölkerung wird auf diese Weise suggeriert, dass sie noch mehr bezahlen müsste, würde man den Apotheken ein höheres Honorar zugestehen.

Die Verwaltungskosten werden totgeschwiegen

Was die Politik allerdings mit Vehemenz verweigert zu thematisieren, das sind die immensen Kosten, welche die Verwaltung der beinahe einhundert Krankenkassen in Deutschland benötigt. Die Leistungsausgaben sind im Jahr 2022 um 4,3 Prozent, die Verwaltungskosten dagegen um 7,2 Prozentpunkte angestiegen. Das sind Gelder, die nicht der Gesunderhaltung der Bevölkerung dienen, und an denen durchaus einiges eingespart werden könnte, wenn man das denn wirklich möchte. Auch wenn die Ausgaben der GKV für Arzneimittel bei 14,6% liegen, das Apothekenhonorar dabei liegt gerade einmal bei 2%, verglichen mit 4% für die Verwaltungsausgaben.

Der Rote Hering in der Argumentation

Nun kurz vor der Protestaktion mit den roten Zahlen der GKV an die Presse zu gehen ist ein Versuch, die Apotheker:innen als überzogen raffgierig darzustellen. Ein Scheinargument, das in der Rhetorik auch gerne als “Red Herring” bezeichnet wird, und das für Karl Lauterbach nicht besonders ungewöhnlich ist. Statt auf die Diskussion direkt einzugehen, scheint er auf diese Weise zu versuchen, die Bevölkerung wieder auf seine Seite zu bringen. Ein ähnliches Vorgehen konnte man beim “Faktenblatt” des BMG beobachten, in dem Lauterbach argumentierte, die Apotheken hätten in den vergangenen Monaten mehr OTC-Packungen verkauft, demnach sei also auch der Gewinn höher ausgefallen. Da 80% der Einnahmen einer Apotheke aus RX-pflichtigen Medikamenten generiert wird, wäre ein Anstieg in diesem Bereich kaum relevant, zudem hat der Protest der Apotheken ja überhaupt nichts mit den OTC-Arzneimitteln zu tun.

Nicht verunsichern lassen

Wichtig ist abschließend zu sagen, dass sich niemand von diesen Nachrichten verunsichern lassen sollte. Der Protest der Apotheken ist gerechtfertigt, und das Milliardenloch der GKV hat nicht ursächlich mit den Apotheken zu tun, deren Honorar gerade einmal 2% der GKV-Ausgaben ausmacht. Wenn ihr am Mittwoch auf die Straße geht, dann könnt das mit Stolz tun, und nicht mit eingezogenen Schultern. Die Bevölkerung steht mehrheitlich hinter den Apotheken, und das wird auch so bleiben, wenn weiterhin ruhig und fair die Fakten diskutiert werden.

Quellen:

https://www.tagesschau.de/inland/lauterbach-kassenbeitraege-100.html

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/gkv-finanzen-lauterbach-100.html

https://www.presseportal.de/pm/111771/5530996

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/vorlaeufige-finanzergebnisse-der-gkv-fuer-das-jahr-2022-10-03-2022.html#:~:text=Die%20Krankenkassen%20verzeichneten%20im%20vergangenen,Verwaltungskosten%20um%207%2C2%20Prozent.

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