Gegen die Demenzerkrankung Morbus Alzheimer gibt es nach wie vor kein Heilmittel. Bereits die Entwicklung eines Medikamentes, das das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt ist daher ein Meilenstein bei der Behandlung von Betroffenen. Nachdem sich auf diesem Gebiet etwa zwei Jahrzehnte lang kein Silberstreif am Horizont zeigte, kommt nun etwas Bewegung in die Therapie. Im Januar dieses Jahres wurde der monoklonale Antikörper “Lecanemab” in den USA zugelassen – das Zulassungsverfahren in der EU läuft ebenfalls bereits - und der nächste vielversprechende Wirkstoff steht auch schon in den Startlöchern. Sein Name: “Donanemab”. Wir werfen einen genaueren Blick auf die Wirkweise des zukünftigen Medikamentes.
Wie bei “Lecanemab” handelt es sich bei “Donanemab” um einen Amyloid-Antikörper, der sich gegen spezielle Eiweißstoffe richtet, nämlich gegen die sogenannten Beta-Amyloid-Plaques, die sich bei Morbus Alzheimer-Patienten im Gehirn ablagern. Solchermaßen belagerte Gehirnzellen sterben dann nach einer Weile unwiederbringlich ab. Am 17.07. 2023 veröffentlichte der Hersteller des neuartigen Medikamentes, Eli Lilly, seine Phase III Studie, die interessantes zutage brachte. Die Beta-Amyloid-Plaques binden bei der Anwendung von Donanemab an den Antikörper, so dass das Immunsystem sie erkennt und abbauen kann. Durch das Medikament konnten etwa 90 Prozent des gesamten Amyloids aus dem Gehirn entfernt werden, was das Fortschreiten der Erkrankung um etwa 60% reduzierte. Sobald in den Tests erkennbar war, dass die Amyloidwerte sich stark verringert hatten, wurden die Patienten durch die Forscherinnen und Forscher auf ein Placebo umgestellt. Das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamte sich trotzdem weiterhin im Vergleich zur Gruppe, die von Beginn an mit Placebo behandelt wurde. Ein wahrer Meilenstein der Alzheimer-Behandlung!
Donanemab ist besonders wirksam in den frühen Stadien der Alzheimer-Krankheit, je länger die Krankheit bereits besteht, desto mehr Hirnzellen sind schon verloren gegangen. Diese können auch durch den Einsatz des Antikörpers nicht wieder regeneriert werden. Daher richtet sich der Wirkstoff auch ausschließlich an Alzheimer-Patient:innen, die bislang nur geringe Einbußen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit haben. Zudem kam es bei 24 Prozent der Anwender:innen zu schweren Nebenwirkungen wie die sogenannten Amyloid-related imaging Abnormalities (ARIA). Deren genaue Ursache ist grundsätzlich noch nicht bekannt, doch man geht davon aus, dass dabei die Blut-Hirn-Schranke zusammenbricht, da das abgelagerte Amyloid durch den Antikörper mobilisiert wird. Die Folge davon sind Hirnschwellungen, Krämpfe und Mikroblutungen im Gehirn. Zudem steht der Verdacht im Raum, dass das Hirnvolumen durch die Gabe von Donanemab abnehmen könnte. Während der Phase III- Studie starben 3 Patienten, die mit dem Wirkstoff behandelt wurden.
Donanemab kann Morbus Alzheimer weder heilen noch den Krankheitsverlauf stoppen. Das Ziel in der Therapie ist deshalb lediglich eine Verzögerung der kognitiven Einbußen der Betroffenen. Trotz der relativ großen Zahl der Betroffenen, die zum Teil unter schweren Nebenwirkungen litten, ist die Therapie mit den Amyloid Antikörpern derzeit die einzige Therapieoption, bei der direkt etwas gegen die Ursachen der Erkrankung unternommen werden kann. Da ARIA am häufigsten bei Studienteilnehmern auftrat, die Träger der speziellen Genvariante “APOE4” sind, die das Alzheimerrisiko erhöht, ist der Einsatz des Wirkstoffes bei anderen Vorerkrankten möglicherweise nicht ganz so risikoreich. Wichtig bleibt also nach wie vor eine Lebensstilanpassung zur Prävention der Erkrankung. Auch die Entwicklung eines einfachen Bluttests zur Früherkennung von Morbus Alzheimer wäre wünschenswert, um künftig frühzeitig mit einer Therapie beginnen zu können, noch bevor zu viele Hirnzellen von den Ablagerungen betroffen sind.
Quelle:
https://www.gelbe-liste.de/neurologie/donanemab-studie-alzheimer
https://www.alzheimer-forschung.de/forschung/aktuell/donanemab/
https://flexikon.doccheck.com/de/Lecanemab
https://flexikon.doccheck.com/de/Amyloid-related_Imaging_Abnormality
