Neuregelung durch das ALBVVG ab August

Am Freitag vergangener Woche hat der Bundesrat getagt, und das neue Arzneimittel-Lieferengpass-Bekämpfungs- und Versorgungs-Verbesserungsgesetz (ALBVVG) beschlossen, ein Gesetz, das Lieferengpässen etwas entgegnen soll, und das den Apotheken dabei helfen soll, ihren Arbeitsalltag etwas einfacher zu gestalten. Dazu gehören unter anderem der Schutz vor Nullretaxen durch die Krankenkassen, und verschiedene Neuregelungen beziehungsweise die teilweise Verstetigung der Abgaberegelungen, die während der Corona-Pandemie eingeführt wurden. Worauf ihr euch ab dem 1. August einstellen solltet, haben wir hier für euch zusammengestellt.

Nichtverfügbarkeit und Austausch

Am wichtigsten für die meisten Apotheken ist es, dass die erleichterten Abgaberegelungen zum großen Teil beibehalten wurden. Sollte ein verordnetes Medikament nicht lieferfähig sein, muss die Apotheke nachweisen, dass sie mindestens bei zwei Großhändlern versucht hat, es zu bekommen – es sei denn, sie wird nur von einem Großhandel beliefert, dann genügt eine Abfrage. Es darf ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt unter bestimmten Voraussetzungen von der Verordnung abgewichen werden, wenn die Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird. Damit ist es beispielsweise möglich, zwei 16mg Candesartan-Packungen mit je 100 Stück abzugeben, wenn 100 Candesartan Tabletten mit 32mg aufgeschrieben wurden. Wenn 20 Tabletten verordnet wurden, und man nur 100 Stück davon am Lager hat, ist auch die Abgabe eine Teilmenge möglich, das heißt ihr dürft 20 Stück auseinzeln. All das gilt natürlich nur, wenn der Patient einverstanden ist und auch der Arzt das nicht mittels “aut-idem-Kreuz" ausgeschlossen hat.

Bye Bye Nullretax

Auch die Zeit der Nullretaxen bei Formfehlern gehört bald der Geschichte an. Es wird den Krankenkassen sogar nicht mehr erlaubt sein überhaupt noch zu retaxieren, wenn lediglich die Dosierangabe oder das Ausstellungsdatum fehlt oder unleserlich ist. Auch wenn die Belieferungsfrist eines Kassenrezeptes um bis zu 3 Tagen überschritten ist, oder die Abgabe des Medikamentes vor der eigentlichen Vorlage der Verordnung erfolgt (wenn der Arzt es beispielsweise per Fax vorab bestellt hat), darf den Apotheken keine Retax mehr ins Haus flattern. Achtung, das gilt nicht für Entlassrezepte, BTM oder T-Rezepte! Wenn euch bei der Abgabe eines Arzneimittels noch die Genehmigung der zuständigen Krankenkasse gefehlt hat, und diese erst nachträglich erteilt wird ist das kein Grund mehr, euch das Geld dafür komplett vorzuenthalten. Erleichternd ist es zu wissen, dass wenn ihr vergessen habt, vor dem Austausch eines Medikamentes eine Verfügbarkeitsanfrage an eire Großhändler zu schicken es nur noch bedeutet, dass die Apothekenvergütung retaxiert bekommt. Den Preis, den das Medikament gekostet hat, bekommt ihr ab dem 1. August komplett erstattet. Das gilt auch, wenn ihr das verschriebene Arzneimittel nicht gegen ein lieferbares preisgünstiges Arzneimittel oder ein Rabattvertragsmedikament ausgetauscht habt.

Vergütung für Lieferengpass-Austausch und Präquali-Wegfall

Auch wenn 50 Cent zuzüglich Mehrwertsteuer für den Austausch eines nicht lieferbaren Medikamentes nicht viel sind, es ist immerhin ein Anfang. Diesen Betrag dürfen die Apotheken nämlich für ihre Beschaffung geltend machen. Die geforderte Präqualifizierung für die Abgabe von apothekenüblichen Hilfsmitteln - eine bürokratische Hürde für viele Apothekenteams – wird in absehbarer Zeit abgeschafft. Sobald das Gesetz in Kraft tritt, müssen sich der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband zusammensetzen und darüber beraten, welche Hilfsmittel als apothekenüblich bezeichnet werden können. Einigen sie sich nicht binnen der folgenden 6 Monate wird eine Schiedsstelle innerhalb von 3 Monaten darüber urteilen. Der Präqualifikation weint vermutlich niemand der in der Apotheke arbeitet auch nur eine Träne nach.

Gemischtes Fazit

Die genannten Punkte werden vermutlich die meisten Apothekenmitarbeiter sehr begrüßen. Die Präsidentin der ABDA, Frau Gabriele Overwiening, sieht das ALBVVG mit gemischten Gefühlen entgegen, dem der Bundesrat am 7. Juli noch zustimmen muss. Sie sieht das Lieferengpass-Gesetz maximal als Anfang, und ist unzufrieden mit der geringen Wertschätzung der Apotheken durch die Politik, die sich ihrer Meinung nach hier widerspiegelt. Ihr fehlt sowohl eine angemessene Wertschätzung als auch eine auskömmliche Honorierung und somit eine Zukunftsperspektive für eine flächendeckende Arzneimittelversorgung.

 

Quellen:

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/arzneimittel-austausch-nullretax-das-sind-die-regeln-140887/

https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/06/26/welche-austauschregeln-gelten-ab-1-augustSei

https://www.abda.de/aktuelles-und-presse/pressemitteilungen/detail/lieferengpassgesetz-kann-nur-der-anfang-sein-mehr-wertschaetzung-fuer-apotheken-notwendig/

Wusstest du...